Den Brauch des Erntedankfestes kennen wohl die meisten Menschen. Die Hintergründe der jahrhundertealten Tradition sind allerdings kaum noch jemandem bekannt. Im Folgenden ergründen wir deshalb, warum wir das Erntedankfest feiern und was es mit dem Brauch eigentlich auf sich hat.
Kommt der Herbst, kommt das Erntedankfest
Der Herbst ist die Zeit der Ernte. Während die Tage deutlich kürzer, das Wetter immer kühler sowie regnerischer wird und sich die Laubblätter bunt färben, beschenkt Mutter Natur die Landwirte mit einer Vielzahl an Obst, Gemüse, Getreide und Co. Dabei ist klar, dass ein Erntereichtum nicht selbstverständlich ist. Auf Basis dieses Wissens feiern Menschen deshalb seit Jahrhunderten das Einbringen der Ernte.
Christen, die ihr Erntedankfest in Deutschland feiern, möchten dabei aber nicht nur einen Grund zur Ausrichtung eines Festes rechtfertigen. Vielmehr möchten sie Gott danken, der ihnen die Früchte ihrer Arbeit und die Felder schenkt. Aus diesem Grund findet jährlich ein Erntedankfest statt, das teilweise auch nur als Erntefest bezeichnet wird. Der Termin des Festes variiert dabei je nach Konfession und Region. Im Allgemeinen versteht sich der erste Sonntag im Oktober aber als Tag des Erntefestes.
Religiöse und weltliche Hintergrunde des Brauchs
Die Ursprünge des Erntedankfestes finden sich bereits in der vorchristlichen Zeit. Sie sind besonders in der römischen Religion sowie im Judentum verwurzelt. Die Idee des Erntedankfestes, so wie wir es heute kennen, basiert dabei wahrscheinlich auf alten Bräuchen der Römer. Ähnliche Feiern fanden bereits im dritten Jahrhundert nach Christus statt und verfolgen seit jeher einen religiösen sowie weltlichen Hintergrund.
Früher waren Landwirte und Bauern noch wesentlich abhängiger von den Launen der Natur. Bei anhaltenden Dürren kam es unweigerlich zu Missernten, die existenzbedrohend für ganze Dörfer und Regionen sein konnten. Die Menschen bedankten sich bei ihren Göttern für jede Ernte – unabhängig davon, wie gut oder schlecht sie ausfiel. War das Überleben im Winter gesichert, verdiente es in jedem Fall eine Feier.
Neben den religiösen Gründen wird das Erntedankfest auch aus weltlichen Gründen ausgerichtet. Im Mittelalter gehörte nämlich jede Anbaufläche einem Grundherrn. Dieser durfte die darauf erwirtschafteten Erträge als sein Eigentum bezeichnen.
Folglich mussten die Bauern und Landwirte ihre Ernte bei ihrem Grundherrn abliefern. Als Symbol erfolgte meist die Übergabe einer Erntekrone oder eines kleinen Kranzes, der aus Ähren gebunden war. Dieses Zeichen sollte den Abschluss der Ernte symbolisieren und versprach den Bauern im Gegenzug einen Anspruch auf Entlohnung.
Diese erfolgte meist mit einem Fest, gutem Essen, Bier und Tanz. Es wurde vom Grundherrn höchstpersönlich ausgerichtet und verankerte sich in einer Tradition, die bis heute besteht.
Verschiedene Traditionen zum Erntedankfest
In allererster Linie ist das Erntedankfest ein christliches Ereignis, das wie Weihnachten eine lange, religiöse Tradition besitzt. Es wird vor allem mit Gottesdiensten und Predigten gefeiert. Zu diesem Zweck wir der Altarraum etwa mit Feldfrüchten und Erntekrone geschmückt, die aus geflochtenen Getreideähren zusammengebunden werden.
Einige Gemeinden feiern außerdem ein zusätzliches Fest, bei dem alle zusammenkommen, um an einem gemeinschaftlichen Essen teilzunehmen. Ein weiterer Brauch des Erntedankfestes besteht zudem in Strohpuppen, die in Form einer Opfergabe auf den Feldern verbrannt werden.
Neben diesen festlichen Traditionen gibt es oftmals auch Umzüge, die mit geschmückten Wagen durch die Städte ziehen. Kinder und Gruppen schmücken ihre Wägen etwa mit Konserven und Lebensmitteln, die sie zuvor gesammelt haben. Das Ziel des Umzuges ist in der Regel die Kirche, von der aus Lebensmittel-Spenden an Bedürftige verteilt werden. Andere Festumzüge bilden hingegen die historische Erntesituation nach und möchten auf die harte Arbeit hinweisen, die unsere Vorfahren auf ihren Feldern leisten mussten.
Insgesamt variieren die Feierlichkeiten sehr stark zwischen den verschiedenen Regionen. Während das Erntedankfest in urbanen Gebieten häufiger „untergeht“, feiern ländliche Gebiete die Ernte ausladender.
Im Grunde kommt es aber weniger auf die Art der Feier und viel mehr auf ihren Hintergedanken an. Denn das wichtigste ist und bleibt Dankbarkeit gegenüber der Ernte. Das Erntedankfest spiegelt deshalb die enge Beziehung zwischen Mensch und Natur wider. Es soll das Bewusstsein stärken, dass die Natur einen respektvollen Umgang verdient und wir in starker Abhängigkeit von unserer Umwelt leben.
Warum feiern wir nun Erntedankfest?
Um auf die ursprüngliche Frage zurückzukommen, lässt sich Folgendes zusammenfassen:
- Die dritte der vier Jahreszeiten, der Herbst, gilt als Zeit der Ernte. Das Erntedankfest basiert vermutlich auf den alten Bräuchen der Römer und findet bereits seit dem dritten Jahrhundert nach Christus statt.
- Im Mittelalter vereinte das Erntedankfest einen religiösen und einen weltlichen Hintergrund. Während Menschen ihren Göttern für die Ernte Dankbarkeit entgegenbringen wollten, veranstalteten die Grundherren der Bauern und Landwirte Feste zu deren Entlohnung.
- Heute umfasst das Erntedankfest vor allem Gottesdienste und Predigten. Es wird durch Gemeinschaftsessen, Umzüge und feierliche Dekoration ergänzt.
- Die Ausführung der Feierlichkeiten variiert nach christlicher Konfession und Religion stark. Allgemeinhin gilt jedoch der erste Sonntag im Oktober als Tag des Erntedankfestes.